Zum Antrag der FDP-Fraktion auf Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten
Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ich möchte das Ganze mal in eine andere Perspektive rücken. Wir sprechen von einem Beschluss, in dem Vereinbarungen getroffen wurden, die in ihrer Konkretheit für eine MPK eher untypisch sind. Denn eine MPK ist nun einmal kein Gremium, das rechtsverbindliche Entscheidungen trifft. Diese Gesetzgebung obliegt weiterhin dem Deutschen Bundestag.
(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])
Das, meine Damen und Herren, werden Sie ja wissen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Noch eines möchte ich zur MPK hinzufügen: Ich bin froh, dass der Bund letztendlich seine finanzielle Beteiligung an den Kosten für Unterbringung und Integrationsmaßnahmen erhöht hat. Leider ist 1 Milliarde Euro nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das kann uns hier auf Landesebene nicht genug sein. Das sehen alle 15 weiteren Bundesländer und die Kommunen genauso. Hier erwarte ich von FDP und SPD, dass sie sich auf Bundesebene für mehr und eine verlässliche Finanzierung einsetzen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Marc Lürbke [FDP])
Für ein ganzheitliches Migrationsverfahren auf allen Ebenen – EU-, Bundes-, Länder- und Kommunalebene – braucht es die Migrationspartnerschaften, die aktuell im Aufgabengebiet von Dr. Stamp liegen, liebe FDP. Eine geordnete Migrationsstruktur beleuchtet alle Aspekte von Migration und Integration: das Gestalten von Einwanderung, die Erstintegration von neu Zugewanderten, die nachhaltige Integration in Regelsysteme und die Gestaltung einer Migrationsgesellschaft. Sie werden es erkannt haben: Das sind auch die Ziele der Integrationsstrategie 2030 des Landes NRW. Daran arbeiten wir.
Was wir brauchen, ist eine Entlastung des Asylsystems durch offene Einwanderungszugänge, etwa über Bildungs- und Erwerbsmigration. Doch vorzutäuschen, dass allein der Fokus auf Abschiebungen und das Beschneiden von Rechten den Druck auf unser Asylsystem regelt, ist eine Scheindebatte.
Das BAMF soll über Asylanträge von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten in einem beschleunigten Verfahren bescheiden können, und zwar innerhalb einer Woche. Nun kann man sagen, dass damit der Antrag auf Asyl natürlich nicht beschnitten wird – und das stimmt. Doch wer aus einem sicheren Herkunftsland kommt, steht einer höheren Beweislast gegenüber, dass er oder sie verfolgt wird. Gleichzeitig verbleibt ihm oder ihr kaum Zeit, gegen eine Entscheidung Einspruch zu erheben. Hier sehen wir eine Schieflage in der Zusicherung für ein offenes und damit individuelles Asylverfahren. Für uns ist klar: Das Grundrecht auf Asyl darf nicht ausgehöhlt werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Debatte über sichere Herkunftsstaaten ist vor allem deshalb eine Symboldebatte, weil wir kaum Zuzug aus diesen Ländern haben. Den stärksten Zuzug erleben wir aus den Ländern Ukraine, Syrien und Afghanistan.
In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben bundesweit gerade einmal 2.800 Menschen aus Georgien einen Asylantrag gestellt. Die Asylanträge aus Moldau und den Maghrebstaaten sind noch nicht einmal in der Liste der zehn häufigsten Herkunftsländer aufgeführt. Worüber reden wir also? Worüber die FDP schweigt, ist die in Teilen sehr problematische Menschenrechtssituation in den aufgeführten Ländern. Dass darüber einfach so hinweggegangen wird, finde ich erschreckend.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir als Grüne unterstützen und fordern ein beschleunigtes Asylverfahren. Ein beschleunigtes Asylverfahren darf jedoch nicht bedeuten, dass die Hürden, um Schutz zu finden, für verfolgte Menschen höher gesetzt werden.
Bei Asylverfahren muss es immer eine Einzelfallbetrachtung der Asylgründe geben. Asylrecht ist Menschenrecht, und jeder, der Schutz sucht, hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Klaus Voussem [CDU])