Wohnen als Recht

Mit 30 eine Familie gründen, ein eigenes Haus im Grünen mit Garten besitzen und im Alter im eigenen Heim zur Ruhe kommen. Das ist das, was sich viele Menschen von ihrer Zukunft erhofft haben. Der Alltag sieht jedoch ganz anders aus. Sich ein eigenes Haus oder eine eigeneWohnung leisten zu können, ist heute kaum noch vorstellbar. In vielen Orten grenzt es sogar an ein Wunder, überhaupt eine bezahlbare Mietwohnung zu finden. Laut der Hans-Böckler-Stiftung gibt jede zweite Person in einer deutschen Großstadt mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete aus. Ungefähr ein Viertel sogar mindestens 40 Prozent. Doch nicht nur die Großstädte sind vom Wohnungsmangel und zu hohen Mietpreisen betroffen. Laut dem Mindener Mietspiegel steigen auch die Mieten in unserem Mühlenkreis. Mindener Immobilien seien zum Teil sogar teurer als vergleichbare Objekte in Hannover. 

 

Wohnen ist auch bei uns zu einer Existenzfrage geworden, das wird mir in meinem Beruf als Sozialarbeiter jeden Tag verdeutlicht. Ich werde nie die Begegnung mit einem älteren Rentner vergessen, dessen Wohnung geräumt wurde. Da seine Partnerin verstorben war, konnte er sich die Wohnung nicht mehr leisten. Nach einigen Beratungsgesprächen und der Klärung seiner finanziellen Lage, stand einer neuen Wohnung eigentlich nichts im Wege. Doch egal wie sehr wir uns anstrengten, es dauerte noch Wochen, bis wir eine passende Wohnung für ihn fanden. Denn auch in den ländlichen Gebieten von Minden-Lübbecke ist der Wohnraum rar und der geförderte Wohnraum fällt auch hier jedes Jahr aus der Zweckbindung.

In dem speziellen Fall des alten Herren gab es doch noch ein Happy End, da eine meiner Kolleginnen ihre kleine Wohnung an ihn vermietete. Doch was ist mit den Menschen, die auf sich allein gestellt sind und kein Glück haben, eine Wohnung zu finden?

 

Ich setze mich dafür ein, dass das Land und die Kommunen endlich den gemeinsamen Weg zum bezahlbaren Wohnraum für ALLE in NRW gehen. Hierfür müssen Grundlagen für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt und auf dem Land, insbesondere für Menschen der mittleren und niedrigen Einkommensgruppen, geschaffen werden. Es wird jedoch nicht ausreichen, neue „Sozialwohnungen“ außerhalb der Stadtzentren zu bauen und so Stadtkernferne Quartiere für Menschen mit geringen Einkünften zu errichten. Bei der Stadtplanung und der Quartiersentwicklung muss der soziale Aspekt genauso eine Rolle spielen, wie das Planungs- und Baurecht. Denn auch beim Thema Wohnen müssen die verschiedenen Lebensgeschichten der Menschen mitgedacht werden, um allen Bürger*innen eine faire Chance auf gutes Wohnen zu ermöglichen.